EINLEITUNG (Seite 9-11)Der Beschäftigung mit dem Thema dieses Buches liegt mein langjähriger Wunsch zugrunde, einige Aspekte der allumfassenden Unterdrückung meines Volkes im Iran der deutschen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit diesem Buch soll ein Beitrag zur Geschichte der Teilung Aserbaidschans, der nationalen Unterdrückung im Iran und zur seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion aufgetauchten Frage der Wiedervereinigung beider Aserbaidschan geleistet werden.In meiner Geburtsstadt Täbriz hatte ich als Schüler der zweiten Klasse wegen meiner nationalen Zugehörigkeit mein erstes diskriminierendes Erlebnis. Unser Lehrer brachte eines Tages ein Plakat in die Schule mit, auf dem stand: «Unsere ursprüngliche Sprache ist die persische Sprache». Er brachte dieses Plakat an der Wand an und verlangte von uns Schülern, uns selbst in den Pausenstunden ausschließlich auf persisch zu unterhalten. Auf Anweisung des Schulleiters wurde im Schulhof auch eine Strafdose aufgestellt in welche die sich in ihrer Muttersprache unterhaltenden und dabei von den Lehrern ertappten Kinder Strafgelder zu zahlen hatten.Mein Vater war ein sehr religiöser Mensch. Er verbot meinen vier Schwestern den Schulbesuch. Nach seiner Meinung bestand die Gefahr, daß seine Töchter auf dem Schulweg den "Augen des männlichen Geschlechts ausgesetzt sein könnten". Aus diesem Grunde blieben sie Analphabeten bis wir eine private Lehrerin gefunden hatten. Da meine Schwestern wegen des Verbots meines Vaters nicht in der Schule die persische Sprache erlernen konnten, mußte ich ihnen immer die im Rundfunk ausschließlich in persischer Sprache ausgestrahlten Programme ins Aserbaidschanische übersetzen. Ich war nicht nur zu Hause ein Übersetzter, sondern übernahm diese Rolle wie manch anderer des Lesens und Schreibens Kundige auch beim Kinobesuch. Vor den Kinos standen Menschen, die nach einen Übersetzer suchten, der in der Lage war, ihnen die im Film auf persisch geführten Gespräche ins Aserbaidschanische zu übersetzen. Als Gegenleistung wurde dem Übersetzer der Kinoeintritt bezahlt.Nach meinem Abitur mußte ich meinen Militärdienst als Lehrer in der «Armee des Wissens» in einem Dorf in Khorasan ableisten. Da die Einwohner dieses Dorfes turksprachig waren, brachte ich den Kindern mit Hilfe der türkischen Sprache persisch bei. Ich erhielt nach dem Besuch eines Inspektors für Bildung eine Mahnung und wurde in ein persischsprachiges Dorf versetzt. Das Verbot der aserbaidschanischen Sprache und Kultur, die Vernachlässigung der sozio–ökonomischen Entwicklung in Aserbaidschan und die Praktizierung einer Assimilationspolitik von seiten der Teheraner Zentralregierung gaben mir die Impulse, diese, selbst bei vielen iranischen Demokraten tabuisierten Themen, im Rahmen meiner Möglichkeiten zu analysieren. Ich muß erwähnen, daß die sozial-politische Lage der anderen ethnischen Minderheiten im Iran wie der Turkmenen, Belutschen, Kurden und Araber nicht besser ist als die der Aserbaidschaner. Die Sprachen und Kulturen dieser Völker werden im Iran genauso unterdrückt, und schon geringste regionale Angelegenheiten unterliegen der Kontrolle Teherans.Zwei weitere Kapitel dieses Buches sind die Entstehung der «Aserbaidschanischen Republik» nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und die daraus entstandene Frage der Wiedervereinigung von Nord- und Südaserbaidschan. Diese Frage, die inzwischen wegen der anhaltenden armenischen Aggression gegen die territoriale Integrität Aserbaidschans an Brisanz verloren zu haben scheint, wird, früher oder später, unweigerlich wieder ins Blickfeld rücken. Die Entwicklung Nord – Aserbaidschans innerhalb der früheren Sowjetunion, die Ursachen des Karabach-Konflikts, die Frage der Wiedervereinigung von Nord- und Südaserbaidschan und schließlich die Ansichten der aserbaidschanischen Intellektuellen sowie der persischen oppositionellen Gruppen zu diesem Themenbereich kommen hier zur Sprache. Insgesamt gesehen soll das vorliegende Buch als ein Beitrag zum besseren Verständnis der Entwicklung im geteilten Aserbaidschan und als Grundlage zum besseren Verständnis künftiger Ereignisse in dieser Region dienen.
Überblick über die Geschichte Aserbaidschans (Seite 12-15)Aserbaidschan hat eine wechselhafte Geschichte. In der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung begann sich der erste Staat (Mannai) auf dem Territorium des heutigen Aserbaidschans herauszubilden. Zwei Jahrhunderte später geriet dieses Gebiet unter die Herrschaft der Meder. Einige Zeit danach gehörte ein bedeutender Teil Aserbaidschans dem Achämeniden-Staat an. Als sich der Achämeniden -Staat Alexander von Makedonien beugen mußte, schuf Atropates, Satrap von Klein-Medien, im Süden von Aserbaidschan einen selbständigen Staat, der nach ihm Atropatene benannt wurde. Der heutige Name Aserbaidschan leitet sich von diesem alten Namen ab. [1] Im Norden Aserbaidschans entstand am Ende des ersten Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung durch Konsolidierung albanischer Stämme das albanische Zarenreich. Der Türkisierungsprozeß in Aserbaidschan nahm seinen Anfang mit dem Eindringen turksprachiger Stämme wie der Hunnen und Chasaren zu Beginn unserer Zeitrechnung. Vollendet wurde dieser Prozeß im 11. Jahrhundert durch die Herrschaft der Seldschuken in Aserbaidschan und im übrigen Iran. Von der Mitte des 7. Jahrhunderts bis zum 10. Jahrhundert stand Aserbaidschan unter der Herrschaft des Arabischen Khalifats. Der Islam entwickelte sich in Aserbaidschan zum dominierenden Glaubensbekenntnis. Unter Führung des legendären aserbaidschanischen Volkshelden Babek Churramdien begann 816 im Gebiet vom Ardebil der mehr als 20 Jahre währende Aufstand gegen die arabischen Eindringlinge. [2] Nach dem Niedergang des Khalifats im 9. Jahrhundert wurde Aserbaidschan in mehrere unabhängige Fürstentümer aufgeteilt. Der Staat Schirwanschah herrschte von Schemacha aus über das Gebiet zwischen Derbent und Kura. Ihren Vasallen unterstanden Kubala, Sheki und Karabach. Die Fürsten in Südaserbaidschan mit der Hauptstadt Ardebil herrschten von Täbriz bis nach Derbent. Trotz der Invasion der Seldschuken im 11. Jahrhundert gelang es dem Schirwanstaat auch im 12. Jahrhundert, seine Selbständigkeit zu bewahren. Aserbaidschan, in dem der Prophet Zoroaster, auch Zarathustra genannt, das Licht der Welt erblickt hatte, war zu dieser Zeit auch die Geburtsstätte von weiteren glanzvollen Denkern, Baumeistern, Dichtern und Wissenschaftlern, solchen wie den Philosophen Bachmanjar Ibn-Masban, Khatib Täbrizi, Fazlullah Raschiddin, dem Astronomem Fasil Farid al-Din Schirwani, der Dichterin Mehesti und dem bedeutenden Romantiker Nisami Gandschawi und vieler anderer. Täbriz galt für Jahrhunderte als Zentrum von Wissenschaft, Kultur und Gewerbe. Im Orient war es tonangebend in der Baukunst, in der Herstellung von Buchminiaturen sowie im Teppichknüpfen. Der wirtschaftliche und kulturelle Aufstieg des Landes wurde jedoch durch das Eindringen der Mongolen im Jahre 1220 zeitweise unterbrochen. Ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts kam es erneut zu einem kulturellen und wissenschaftlichen Aufschwung. Im Jahre 1259 wurde in der Nähe der Stadt Maragah der Grundstein eines großen Observatoriums durch den Wissenschaftler Nassradin Tusi gelegt. Die aserbaidschanische Musik erlangte im ganzen Orient durch die Arbeit des Musikwissenschaftlers Safi-Idin-Urmawi und seines Nachfolgers Abdul-Gadir-Maraghi große Berühmtheit. Die Universität «Raby Raschid» von Täbriz genoß große Bedeutung. Sie zählte mehrere tausende Studenten und mehr als tausend Lehrende, die aus allen Teilen des islamischen Orients hierher gekommen waren. Etwa zur gleichen Zeit wurde in Täbriz ein «Haus der Heilung» ("Dar-asch-schafa") eröffnet, ein Zentrum, zu dem Bildungseinrichtungen, Forschungs- und Heil statten gehörten und in dem Studenten außer in Medizin auch in Naturwissenschaften, Philosophie, Geschichte, Logik und Theologie unterrichtet wurden. [3] Am Ende des 14. Jahrhunderts fielen Timurs Truppen in Aserbaidschan ein. Anfang des 15. Jahrhunderts begann im Norden von Aserbaidschan der Aufstieg des Staates Schirwanschah, während sich im Süden zunächst die Staaten Kara-Kojunlu und Ak-Kojunlu und im Anschluß daran der Safawiden-Staat herausbildeten. Die letzteren vereinten zu Beginn des 16. Jahrhunderts Schirwan, Nachitschewan, Karabach und die Südregionen Aserbaidschans unter ihrer Herrschaft. Der Safawidenstaat vereinte in sich mit seiner Metropole Täbriz als wichtigstes Handels- und Handwerklerzentrum die größte Macht. Aus dem Safawidenstaat kamen die höchsten Würdenträger beim Hof, Heer und der Verwaltung. Während dieser Zeit wurde die aserbaidschanisch-türkische Sprache zur offiziellen Landessprache Irans proklamiert. [4] Dichter wie Khataie, Habibi schrieben ihre Lyrik in aserbaidschanischer Sprache. Der berühmte Dichter des 16. Jahrhunderts, Mohammad Fizuli, benutzte neben Aserbaidschanisch auch die persische Sprache. Der große Meister der Miniaturkunst, Kemal-Idin-Behzad, schuf während dieser Zeit in Täbriz seine berühmten Kunstwerke. Ende des 16. Jahrhunderts gelangte Schah Abbas I. an die Macht. Er untergrub die
1Macht der aserbaidschanischen Prominenz. Als Isfahan im Jahre 1598 Hauptstadt wurde, sank Aserbaidschan auf den Status einer Provinz des Irans herab. Im Verlaufe des Kampfes gegen den Herrschaftsanspruch Teherans entstanden im 17. und 18. Jahrhundert in Aserbaidschan relativ autonome lokale Gebilde, Khanate wie Sheki, Karabach, Kuba und Urmi. Der Eroberungskrieg Rußlands unter "Peter dem Großen" führte die russischen Truppen nach Derbent und Baku. Sie mußten aber wieder abziehen und Nordaserbaidschan von 1728 bis 1734 den Osmanen überlassen. Nadir Schah Afschar, ein turkmenischer König, vertrieb schließlich die Osmanen. Nach der Annexion Georgiens, Kazags und Schemschedils im Jahre 1801 dehnte Rußland systematisch seine Macht im Osten Transkaukasiens aus. Im ersten russisch-persischen Krieg von 1804-1813 fielen die Khanate Gandscha, Sheki, Karabach und Baku an Rußland, im zweiten Krieg von 1826-1828 die Khanate Eriwan und Nachitschewan. Die Verträge von Gulistan (ein Dorf in Karabach) im Jahre 1813 und Türkementschai im Jahre 1828 zwischen Rußland und Persien vollendeten schließlich die Teilung Aserbaidschans. [5]
Teilung und Entwicklung in Süd—Aserbaidschan (Seite 16-17)Aserbaidschan erlitt in Folge der iranisch-russischen Kriege und des Abschlusses der russisch-persischen Friedensverträge von Golistan (1813) und Turkementschai (1828) eine schmerzhafte Trennung. Während Südaserbaidschan mit seiner Hauptstadt Täbriz weiterhin im Iran verblieb, geriet Nordaserbaidschan unter die Herrschaft Rußlands. Bis zur Errichtung der Pahlawi-Dynastie im Jahre 1925 war Südaserbaidschan eines der größten Zentren wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens im Iran gewesen. Auf Grund seiner Nähe zu Europa und intensiven Kontakts seiner Intellektuellen zur Türkei und zu Rußland besaß Aserbaidschan eine Sonderstellung bei der Verbreitung moderner europäischer Ideen im gesamten Iran. So war Aserbaidschan während der konstitutionellen Bewegung (1905-1911) im Iran ein Zentrum des Widerstands gegen den Despotismus der Khadjaren-Dynastie. Nach dem Vorbild der europäischen demokratischen Monarchien sollte im Iran ein Parlament einberufen und die Rechtsstaatlichkeit hergestellt werden. Die Gewährung der regionalen Selbstverwaltung für die Provinzen war auch ein wichtiges Anliegen der zu jener Zeit sich herausbildenden aserbaidschanischen Widerstandsbewegung. Diese Ziele wurden de facto erreicht und als theoretische Grundlage in der iranischen Verfassung verankert. Es sollte sich jedoch bald herausstellen, daß auf Grund der fehlenden sozio-ökonomischen Voraussetzungen bzw. der starken Einflußnahme der russischen und englischen Kolonialmächte im Iran die Ziele der konstitutionellen Revolution zum Scheitern verurteilt waren. Nach dem Scheitern der Ziele der konstitutionellen Revolution wurde im August 1917 Scheich Mohammad Khiabani in Täbriz auf der Konferenz seiner Partei an die Spitze des Zentralkomitees gewählt. Bei dieser Zusammenkunft erhielt die Partei von Scheich Mohammed Khiabani den Namen Ferghe-je-demokrate-aserbaidschan (Demokratischer Verein Aserbaidschan). Am 7. April 1920 gelang es ihr durch einen Aufstand der Bevölkerung die Polizeistationen und sämtliche Behörden in Täbriz zu besetzen. Am 23. Juli 1920 wurde unter der Führung Khiabanis die nationale Regierung von Aserbaidschan proklamiert. Nach Khiabanis Auffassung war die konstitutionelle Monarchie kein geeignetes politisches System für den Iran. Denn die machtbesessenen iranischen Kaiser würden sich den demokratischen Spielregeln einer konstitutionellen Monarchie nicht unterordnen. Er verlangte die Ausrufung einer Republik, die Befreiung des Landes vom englischen Kolonialismus und die Selbstverwaltung für Aserbaidschan. Seine Regierung wurde nach sechs Monaten durch ein Komplott der Teheraner Zentralregierung gestürzt, und er selbst fiel diesem Komplott zum Opfer. [1]
Pahlawi–Dynastie und nationale Unterdrückung in Südaserbaidschan (Seite 18-21)
Trotz der Bevormundung Südaserbaidschans durch die Teheraner Zentralregierung befand sich das Land in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht bis zur Errichtung der Pahlawi-Dynastie in einem normalen Entwicklungsgang. Als aber Reza-Schah, der Begründer der Pahlawi-Dynastie, im Jahre 1926 an die Macht kam, begann er parallel zur Errichtung eines Terrorregimes die Kultur der nicht-persischen Völker Irans zu unterdrücken und ihre wirtschaftliche Entwicklung zu bremsen. So wurde die aserbaidschanische Sprache verboten und die persische Sprache zur offiziellen Staats- und Verwaltungssprache, zur Sprache der Bildung und der Massenmedien, proklamiert. Nach einer Bestimmung des von Teheran für Aserbaidschan ernannten Kulturverantwortlichen Zogi durften sich in den Schulen Aserbaidschans die Schüler nicht mehr in ihrer Muttersprache unterhalten. Bei Nichtbefolgen dieser Regel mußte Geld in sogenannte Strafdosen gezahlt werden. [2] Wenn kein Geld vorhanden war, wurden die Schüler mit dem Schlagstock bestraft. Im Zusammenhang mit dem Verbot des aserbaidschanischen Türkisch äußerte sich ein, von der Zentralregierung für Aserbaidschan ernannter Kulturverantwortlicher, Mohseni: «Wer sich auf türkisch unterhält, der muß mit einer Leine um den Hals in den Kuhstall gebracht werden». [3] Oder der damalige Gouverneur von Aserbaidschan, Abdollah Moustofi, fällte folgendes Urteil über die Aserbaidschaner: «Die Aserbaidschaner sind Türken. Für die Errichtung der konstitutionellen Bewegung haben sie Gras gefressen (Gemeint sind die Hungersnöte während dieser Zeit - der Verf.). Jetzt fressen sie ab und zu immer noch Gras und so dienen sie dem Iran». [4] Die Beherrschung der persischen Sprache galt von nun an als Voraussetzung zum sozialen Aufstieg. Wer die persische Sprache nicht beherrschte, hatte keine Chance, zur Arbeit bei einer staatlichen Institution zugelassen zu werden. Massenmedien in aserbaidschanischem Türkisch wurden verboten. Menschenverachtende nationale Beleidigungen wie «Eseltürken» von Seiten der Zentralregierung und chauvinistisch gesinnter persischer Kreise wurden zur Gewohnheit. Es begann ein psychischer Terror. Ein Aserbaidschaner, der nicht persisch sprechen konnte, wurde als «Wilder» betrachtet. Selbst diejenigen Aserbaidschaner, die die persische Sprache beherrschten, wurden wegen ihres türkischen Akzents ausgelacht und als «halbzivilisiert» stigmatisiert. Der psychische Terror hatte zur Folge, daß ein Aserbaidschaner sich wegen seiner nationalen Zugehörigkeit und Sprache schämen mußte. Unter diesen Umständen begannen die meisten aserbaidschanischen Intellektuellen und Literaturschaffenden ausschließlich in Persisch zu schreiben. Die Hetze gegen die aserbaidschanische Sprache und Kultur ging so weit, daß einige sachverständige «Wissenschaftler» sich verpflichteten, für die Ausrottung der aserbaidschanischen Sprache Konzepte zu entwickeln. Die Ausrottung der aserbaidschanischen Sprache wurde von diesen Wissenschaftlern damit begründet, daß die Existenz dieser Sprache in Aserbaidschan die Folge der Türkisierung durch «Wilde Wüstenwanderer» sei und für das zivilisierte Arialand Iran eine «historische Katastrophe» bedeute. Einer der «Wissenschaftler», Dr. Mahjar Nawabi, entwickelte ein Konzept, nach dem «sich die Regierung verpflichten sollte, eine Generation von aserbaidschanischen Kindern in persischen Gebieten anzusiedeln, wo sie keine Gelegenheit zur Benutzung der aserbaidschanischen Sprache erhalten sollten. Nach ihrer Rückkehr nach Aserbaidschan wären sie dann von ihrem unheilvollen «Dialekt» befreit» [5]. Der ehemalige iranische Ministerpräsident Ali Razm Ara riet den Aserbaidschanern, sich von der türkischen Sprache zu befreien. Er schrieb dazu: «Um innerlich und äußerlich wahre Patrioten zu werden, müssen die Einwohner Aserbaidschans den kleinen Mangel, der im Laufe der Zeit in ihrer Sprache entstanden ist, beseitigen». [6] Die türkischen Namen der aserbaidschanischen Dörfer und Städte wurden durch die «Geographische Kommission des Vereins für kulturelle Angelegenheiten» ("Andjomaneh Farhangestan") in persische Namen umgewandelt. Während dieser Kampagnen bekundeten einige aserbaidschanische Intellektuelle ihr Einverständnis mit der Kulturpolitik des Teheraner Regimes. Sie sprachen sich ganz offen für die Ausrottung des aserbaidschanischen Türkisch aus. So z.B. der bekannte Führer der Kommunistischen Partei Irans, Dr. Tagi Arani, der aus Aserbaidschan stammte. Am 30. Aug. 1924 schrieb er in seinem in Berlin verfassten Artikel «Aserbaidschan oder eine lebenswichtige Frage für Iran» den folgenden Satz: «… also hinsichtlich dieser Frage müssen sich diejenigen, die vom ganzen Herzen Iraner sind, um die Beseitigung der türkischen Sprache in Aserbaidschan und die Einführung der persischen Sprache bemühen… und die aserbaidschanischen Jugendlichen müssen Willens sein, ja sich sogar verpflichten, so weit es ihnen möglich ist, nicht mehr türkisch zu sprechen». [7] Trotz der Stigmatisierung der aserbaidschanischen Kultur und dem praktischen Verbot der Sprache schrieben einige aserbaidschanische Dichter wie der berühmte Gesellschaftskritiker Modjez Schabustari aus Sorge um die Existenz ihres Volkes im Untergrund weiterhin in ihrer Muttersprache. Parallel zu der kulturellen und sprachlichen Unterdrückung Aserbaidschans begann die sozio-ökonomische Vernachlässigung des Landes. Investitionen in Aserbaidschan blieben aus. Mit der wirtschaftlichen Vernachlässigung bezweckte man u. a. die Torpedierung der Großhändler und Basarie Aserbaidschans, die außer den aserbaidschanischen Binnenmarkt auch Städte und Märkte Irans mit Waren versorgten. Auf diese Weise sollten sie zur Auswanderung nach Teheran und in andere persische Städte gezwungen werden. Bevor dieses Vorhaben vollständig in die Tat umgesetzt werden konnte, mußte Reza Schah auf Druck der alliierten Mächte, die während des 2. Weltkriegs den Iran zur Sicherung der Verbindungswege zwischen dem Persischen Golf und der Sowjetunion besetzt hatten, am 17. Sep. 1941 wegen seiner Zusammenarbeit mit dem nationalsozialistischen Deutschland auf seinen Thron verzichten.
Ein Versuch zur Emanzipation (Seite 22-25)Nach der Besetzung Irans durch die Alliierten und der Abdankung Reza Schahs zu Gunsten seines Sohnes Mohammad Reza Schah begann im Iran eine kurzlebige Periode der politischen Freiheit. In Südaserbaidschan, das sich unter der Besatzung der Sowjetunion befand, wurde das Benutzungsverbot der aserbaidschanischen Sprache in der Öffentlichkeit aufgehoben. Es erschienen Zeitungen und Bücher im aserbaidschanischen Türkisch. Der Kontakt zwischen den beiden Aserbaidschans wurde wiederhergestellt. Um der Diskriminierung Aserbaidschans ein Ende zu setzen, nützte der Vorsitzende der im Jahre 1945 gegründeten "Demokratischen Partei Aserbaidschans", die günstige politische Lage aus und proklamierte noch im selben Jahre die «Nationale Regierung Aserbaidschan». Regionale Autonomie und Befreiung Aserbaidschans vom Teheraner Kultur- und Wirtschaftskolonialismus waren die Ziele dieser Regierung. In der Grundsatzerklärung der "Demokratischen Partei Aserbaidschans" wurden ihre Standpunkte zum Ausdruck gebracht: «Wir sagen: Auf aserbaidschanischem Boden leben fünf Millionen Menschen, die sich zu ihrer eigenen Identität bekennen. Sie haben für sich ihre eigene Sprache, andere Gepflogenheiten und ihre Tradition. Dieses Volk sagt, wir wollen die iranische Souveränität und territoriale Integrität bewahren, aber bei der Verwaltung unserer eigenen Angelegenheiten frei vorgehen ». [8] Bis zum Jahre 1946 unternahm die nationale Regierung Aserbaidschans wichtige Schritte zur Verbesserung der Lage der Bevölkerung. Die aserbaidschanische Sprache wurde zur offiziellen Sprache in Aserbaidschan proklamiert. Die Kinder, die bis dahin in den Schulen ausschließlich die persische Sprache hatten lernen müssen, wurden in ihrer Muttersprache unterrichtet. Es wurden Universitäten gegründet und Bücher, Schriften und Zeitungen auf aserbaidschanisch herausgegeben. Zum ersten Mal in der Geschichte Irans wurden Frauenorganisationen gegründet, und die Frauen erhielten gleiche Rechte wie die Männer. Um die landwirtschaftliche Produktion zu erhöhen und die Bauern aus dem Joch der Feudalherren zu befreien, wurde eine Landreform eingeführt. Die Existenz der nationalen Regierung Aserbaidschans war ein Dorn im Auge der zentralen Regierung und chauvinistischer Kreise in Teheran. Sie versuchten mit allen Mitteln, die nationale Regierung in Aserbaidschan und ihre Zielsetzungen zu diffamieren. Die USA befürchteten, daß das Erstarken der nationalen Bewegung in Aserbaidschan ihre Position im Iran schwächen könnte. Sie gingen davon aus, daß die Bewegung in Aserbaidschan eine ausschließlich von Stalin und der Sowjetunion ins Leben gerufene Sezessionsbewegung sei mit dem Ziel, Südaserbaidschan an das Sowjetimperium anzugliedern. Es war eine unglückliche Zeit für die nationale Bewegung Aserbaidschans. Einerseits wollte Stalin ohne Zweifel die aserbaidschanische Bewegung für seine Pläne instrumentalisieren, andererseits ließ sich die Bewegung von dem in der iranischen Verfassung verankerten Prinzip der autonomen Distrikt- und Provinzräte leiten. [9] Schließlich wurde nach einem Treffen zwischen Stalin und dem damaligen iranischen Ministerpräsidenten Woussug-od-Doulleh am 18. Feb. 1945 in Moskau das aserbaidschanische Schicksal besiegelt. Die iranische Seite versprach der sowjetischen Führung die Gewährung einer Ölkonzession. [10] Im Gegenzug erklärte sich die Sowjetunion bereit, ganz Iran zu räumen. Die sowjetischen Truppen verließen am 9. Mai 1946 den Iran. Am 14. Juni 1946 beschlossen die Teheraner Zentralregierung und die aserbaidschanische Regierung ein 10-Punkte-Abkommem, wonach unter anderem die Autonomie Aserbaidschans innerhalb Irans anerkannt und aserbaidschanisch als offizielle Sprache in Aserbaidschan akzeptiert wurde. Trotz dieser Vereinbarungen marschierten am 24. Nov. 1946 die Armeeinheiten der Zentralregierung in Aserbaidschan ein und richteten dort ein Blutbad an. Schätzungsweise fielen zwischen zwanzig- und vierzigtausend Menschen dem Massaker zum Opfer. Mehr als fünfzigtausend Menschen, meistens aserbaidschanische Intellektuelle, flohen nach Nordaserbaidschan. Die Zentralmacht wurde wiederhergestellt, und die aserbaidschanische Sprache war erneut vom Verbot betroffen. Alle Publikationen in aserbaidschanischer Sprache, selbst die Schulbücher wurden verbrannt. Der amerikanische Rechtsgelehrte William Douglas, der ein Zeuge des brutalen Vorgehens der zentralen Armeeinheiten in Aserbaidschan gewesen war, schilderte folgendes über das Geschehen: «Als die iranische Armee in Aserbaidschan einrückte, verursachte sie Angst und Schrecken. Die Soldaten fingen an zu plündern. Sie nahmen alles, was sie konnten, in ihren Besitz. Das Vorgehen der russischen Soldaten war gemässigter gewesen als das zügellose Treiben der kaiserlichen Armee. Diese schrecklichen Tage werden wohl immer in der Erinnerung der Aserbaidschaner bleiben. In Aserbaidschan wurden die Viehherden der Bauern geraubt. Mädchen und Frauen wurden vergewaltigt. Die Mission der iranischen Armee sollte zwar die Befreiung Aserbaidschans sein, aber sie plünderten die Menschen aus und hinterließen ein Bild des Todes und der Vernichtung ». [11] Nach der Niederschlagung der nationalen Regierung und der Besetzung Aserbaidschans durch die iranische Armee erfuhren die Repressalien gegen Aserbaidschan eine Intensivierung. Gleichzeitig mit dem neuerlichen Verbot der aserbaidschanischen Sprache und Kultur begann die Periode der Assimilation und des Wirtschaftskrieges gegen das Land.
Wirtschafts- und Sozialpolitik (Seite 26-31)Mit der Gründung der Pahlawi-Dynastie begann der Wirtschaftskrieg gegen Aserbaidschan. Reza Schah, der Begründer der Pahlawi-Dynastie, behinderte mit Absicht die Entwicklung der Industrie in den nicht-persischen Gebieten. Infolgedessen wurde während seiner Herrschaft in einigen Provinzen kein einziger Industriekomplex gegründet. Mohammad Reza Schah, der Sohn Reza Schahs, befolgte nach seiner Thronbesteigung bis zu seinem Sturz im Jahre 1979 die Politik seines Vaters. Aserbaidschan, das vor der Pahlawi-Dynastie zu den wichtigsten Industrie- und Handelszentren des Irans gezählt hatte, hätte auf Grund seiner natürlichen Ressourcen die Möglichkeit gehabt, sich zu einem bedeutenden Industriegebiet Irans zu entwickeln. Die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Pahlawi-Dynastie gegenüber Aserbaidschan führte aber dazu, daß Aserbaidschan sich im Laufe der Zeit zu einer der unterentwickeltsten Provinzen des Iran verwandelte. An Hand einiger statistischer Daten wird das Ausmaß der katastrophalen Wirtschaftslage in Aserbaidschan augenscheinlich. Am 8.3.1344 (Mai 1964) schrieb die im Iran in persischer Sprache erscheinende Zeitung «Feryade Aserbaidschan»: «Man muß gestehen, daß von den in Aserbaidschan vorhandenen Industrieanlagen einige in Folge mangelhafter Instandsetzung der Maschinen oder von Mißwirtschaft kurz vor der Schließung stehen. » Die im Jahre 1960 vom Ministerium für Industrie und Bergbau herausgegebene Gesamtstatistik über die Industrie des Landes verdeutlicht ebenso die katastrophale Situation der aserbaidschanischen Wirtschaft:Anzahl der Industrieanlagen und Arbeitnehmer in einigen Provinzen Irans (1960)Provinzen / Anzahl der Fabriken / Anzahl der ArbeiterZentrale Provinz / 3577 / 44495Gilan / 746 / 6779Mazenderan / 1059 / 18176Khorasan / 1011 / 10548Isfahan / 877 / 25047Aserbaidschan (Ost und West) / 498 / 6039Wie aus dieser Tabelle ersichtlich wird, nahm in Aserbaidschan die Industrie im Vergleich zu anderen Provinzen die letzte Stelle ein und das trotz der Tatsache, daß Aserbaidschan bevölkerungsmäßig die gleiche Dichte wie die Zentralprovinz aufwies. In dem selben Jahr existierten im Iran 279 kleinere Fabriken, in denen zwischen 50 bis 500 Arbeitnehmer beschäftigt waren. Von diesen Industrieanlagen gab es 127 Einheiten in der Zentralprovinz, 39 Einheiten in Mazanderan, 31 Einheiten in Isfahan, 21 Einheiten in Khorasan und nur 15 Einheiten in Aserbaidschan. Die Anzahl der Industrieanlagen, in denen mehr als 500 Personen beschäftigt waren, betrug in jenem Jahr insgesamt 30 Einheiten. Von diesen 30 Einheiten war nur eine Einheit in Aserbaidschan situiert. [12] Ebenso vernachlässigt wie die Industrie war der landwirtschaftliche Sektor. Die Zeitschrift «Khandaniha» schrieb dazu in der 7. Ausgabe vom Jahre 1960: «In Aserbaidschan sind die Methoden der Bebauung, des Dreschens und der Ernten wie vor tausend Jahren». Beim Vergleich der Statistiken zwischen 1971 und 1974 über die Höhe der jährlichen Weizenernte in Aserbaidschan stellt sich heraus, daß der Ernteanteil in Aserbaidschan von 293.000 Tonnen auf 228.000 Tonnen gesunken war. Während der Ernteanteil in denselben Jahren in Khorasan, Isfahan, Mazanderan und Fars gestiegen war. Die Konzentration der Industrie- und Ausbildungsstätten in einigen bestimmten Provinzen und die gleichzeitige Vernachlässigung der Industrie und Landwirtschaft in Aserbaidschan führten zu einer großen Auswanderungswelle von Aserbaidschan nach Teheran bzw. in andere persische Städte. Am 12.12.1345 (März 1965) schrieb der bekannte persische Journalist Ahmad Ahrar in seinem in der Zeitschrift «Teherane Mossawar» herausgegebenen Artikel «Teheran, eine Stadt ohne Tor»: «Mein Arbeitszimmer liegt neben einem Busbahnhof, wo Busse zwischen Teheran und Aserbaidschan verkehren. Im Durchschnitt kommt auf diesem Busbahnhof jede Stunde ein voller Bus an. Aber diese Busse fahren oft leer oder halbleer zurück und so vermehrt sich die Einwohnerzahl Teherans… Es sind meistens aserbaidschanische Einwanderer, die mit ihrer provinziellen Mentalität in Teheran leben wollen». Mit den unvorhersehbaren Folgen dieses Prozesses beschäftigte sich auch die Zeitschrift «Eradeje Aserbaidschan». Sie schrieb am 1.3.1344 (Mai 1964): «Während das Kapital, die Intelligenz und Arbeitskraft Aserbaidschans in Teheran, Khozestan und anderen Regionen eingesetzt werden, befindet sich Aserbaidschan in einer beunruhigenden Stagnationsperiode» [13] Nach Untersuchungen von Wirtschaftswissenschaftlern im Jahre 1968 waren vom gesamten Industriepotential des Landes 60 % in der Zentralprovinz, 10 % in Isfahan, 3,9% in Mazanderan und nur 0,5 % in Aserbaidschan vorhanden. Dieser Zustand hat sich in den späteren Jahren nicht geändert. Zwar sind infolge der wachsenden Unzufriedenheit innerhalb der aserbaidschanischen Bevölkerung und der Zunahme des Erdöleinkommens einige Industrieanlagen auch in der aserbaidschanischen Hauptstadt Täbriz gegründet worden, doch blieb das Land bis zum Sturz des Schah-Regimes im Jahre 1979 als Wirtschaftsperipherie ein ungeliebtes Stiefkind der Zentrale. Ein niedriges Durchschnittseinkommen der Bevölkerung, fehlende Investitionen im Wohnungsbau, Straßenbau und Bewässerungssystem und eine katastrophale medizinische Versorgung der Bevölkerung waren die Merkmale der Benachteiligung. Der Wirtschaftkrieg gegen Aserbaidschan hatte zur Folge, daß im Laufe der Zeit mehr als 10 Millionen Menschen, darunter viele Basaris, Industrielle, Intellektuelle und Handwerker, gezwungen waren, ihr Hab und Gut zu verkaufen und nach Teheran bzw. in andere persische Städte auszuwandern . Es wurden Milliarden von Rials aus Aserbaidschan herausgebracht und die Wirtschaftsadern des Landes ausgetrocknet.Seit der Revolution im Jahre 1979 und der Machtübernahme durch die islamische Geistlichkeit im Iran hat sich die Wirtschaftsituation im gesamten Land verschlechtert. In Aserbaidschan wurde die Industrieproduktion nach der Einschätzung von Wirtschaftswissenschaftlern um 25 Prozent verringert. Viele der in Aserbaidschan vorhandenen Industriebetriebe gingen bankrott. Laut offizieller Angaben des statistischen Amtes im Iran waren 1987 in der aserbaidschanischen Großindustrie nur halb so viele Arbeiter beschäftigt wie in den übrigen Teilen Irans. Der Ausbruch des iranisch-irakischen Krieges am 22. Sep. 1980 und sein achtjähriges Andauern führten zu einer zusätzlichen Verelendung der Bevölkerung. Die diktatorischen Verhältnisse im Iran haben zur Flucht von Millionen Iranern, darunter Zehntausender Aserbaidschaner, nach dem Ausland geführt. Unter den Flüchtlingen sind oft ausgebildete Fach- und Führungskräfte, die für die Sanierung der Wirtschaft, des Sozial- und Gesundheitswesens dringend eingesetzt werden müssten. Die Straßen in den aserbaidschanischen Städten sind voll von Kindern, die gezwungen sind, durch den Verkauf von Zigaretten und Tüten und mit Autowaschen das kaum zum Leben ausreichende Einkommen der Familie aufzubessern.Jeden Tag werden Tausende Kinder von ihrem 6. Lebensjahr an für einen Hungerslohn in den Teppichfabriken beschäftigt. Nur 68 Prozent der aserbaidschanischen Kinder zwischen dem 6. und 10. Lebensjahr konnten im Jahre 1987 eine Schule besuchen. Während im gleichen Jahr in Teheran 93 Prozent, in Gilan 90 Prozent und in Semnan 92 Prozent der sechs- bis zehnjährigen Kinder die Möglichkeit zum Schulbesuch hatten. Nur 40 Prozent der städtischen Bevölkerung Aserbaidschans und 25 Prozent der Landbewohner beherrschen die persische Sprache. 50,5 Prozent der Aserbaidschaner sind Analphabeten. Während in Teheran, Isfahan, Semnan und Yazd nur 30 Prozent der Einwohner Analphabeten sind. [14] In Täbriz, der Hauptstadt Süd-Aserbaidschans, mit nahezu 2 Millionen Einwohnern gibt es kaum Erholungsparks, saubere Straßen und Sportanlagen. Trotz der stark sanierungs- und erweiterungsbedürftigen Infrastruktur Aserbaidschans wird ein Teil des für Aserbaidschan bestimmten Budgets von den von der Teheraner Zentrale eingesetzten aserbaidschanischen Bürgermeistern mit der Argumentation «Für Aserbaidschan benötige man nicht ein solch großes Budget» nach Teheran zurückgeschickt. [15]
Assimilation und Kulturkolonialismus (Seite 32-41)Assimilations- und ethnische Selbstentfremdungspolitik in den nichtpersischen Provinzen war während der Pahlawi–Dynastie die ungeschriebene, aber deutlich erkennbare Absicht der Teheraner Zentralregierung. Dies wurde nicht nur in Aserbaidschan bei der einheimischen Bevölkerung durch Verbot der Sprache und Leugnung der nationalen Zugehörigkeit praktiziert, sondern auch bei Millionen aserbaidschanischer Auswanderer, die in persischen Städten lebten. Im Gegensatz zu der ersten Generation von nach persischen Gebieten eingewanderten Aserbaidschanern, die noch ihre Muttersprache sprach, verlor die zweifle Generation mit wenigen Ausnahmen jegliches Zugehörigkeitsgefühl zu ihrem Volk. Die Gründe für die rasche Aufgabe der ursprünglichen Identität sind in erster Linie das Fehlen eines aserbaidschanischen Schulsystems und die allumfassende Stigmatisierung der Aserbaidschaner. Die Propagandisten der Assimilationspolitik versuchten ihre Vorgehensweise gegenüber den Aserbaidschanern vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion damit zu begründen, daß «im Falle der Zulassung der aserbaidschanischen Sprache sich das iranische Aserbaidschan vom Iran trennen und an das kommunistische Nordaserbaidschan anschließen könnte.»Gegenwärtig schmücken diese Kreise ihre chauvinistische Politik noch mit zusätzlichen Argumenten aus. Es heißt jetzt: «Im Falle der Zulassung von mehreren Sprachen im Iran würde die nationale Einheit Irans geschwächt werden.» In verschiedenen Publikationen wird auch die alte rassistisch gefärbte Argumentation wiederholt:«Die türkische Sprache sei keine ursprüngliche Sprache der Aserbaidschaner. Sie sei im 10. bzw. im 14. Jahrhundert durch die «Ansiedlung von kulturlosen, blutrünstigen, türkisch sprechenden tatarischen Stämmen in Aserbaidschan der in dieser Region persisch sprechenden Bevölkerung aufgezwungen worden»! [16]Mit diesen haltlosen Argumenten sind Aserbaidschaner seit langer Zeit den schlimmsten Diskriminierungen ausgesetzt. Assimilation, Analphabetentum in der Muttersprache, Zerstörung der aserbaidschanischen Kultur sind die Folgen der Ethnozidpolitik dieser Kreise und der Teheraner Regierung.In der zweiten Hälfte der sechziger und Anfang der siebziger Jahre hatte die antiaserbaidschanische Stimmung innerhalb Irans dermaßen zugenommen, daß z.B. der Besitz eines in aserbaidschanisch geschriebenen Buches oder einer Kassette mit aserbaidschanischer Musik als Beweismittel für separatistische Absichten galten. Auf Grund dessen wurden aserbaidschanische Bücher und Kassetten im Untergrund gehandelt. Während ein Aserbaidschaner sich bei der Benutzung der persischen Sprache wegen seines Akzents schämen mußte, galt es als modern, die persische Sprache mit amerikanischem Akzent zu sprechen. Für Millionen aserbaidschanischer Einwanderer wurde kein einziges Radio- oder Fernsehprogramm in ihrer eigenen Sprache ausgestrahlt. Gleichzeitig aber besaßen einige tausend Angehörige des amerikanischen Militärs in Teheran einen eigenen Fernsehkanal. [17] Um ihre «schändliche» nationale Identität zu leugnen, griffen die unter dem Druck der Stigmatisierung und eines Assimilationsprozesses stehenden Aserbaidschaner zu manchmal seltsam anmutenden Methoden. Innerhalb der Familie galten Familienangehörige mit aserbaidschanischem Akzent als Störfaktor. Zum Besuch befreundeter persischer Familien wurden sie nicht mitgenommen. Erfolgte ein Gegenbesuch, wurden die mit einem Akzent sprechender Familienmitglieder versteckt. Um einen türkischen Akzent bei den Kindern zu vermeiden, wurde ihr Kontakt zu den Großeltern verringert. [18] In der Regel war es für einen persischen Mann oder eine persische Frau schwierig, in eine aserbaidschanische Familie einzuheiraten. Die aserbaidschanische Familie mußte auf jeden Fall in materieller aber auch sozialer Hinsicht höher stehen als die persische Familie. Bei Ehen zwischen Aserbaidschanern und Persern wurde in der Regel für die Kinder die persische Sprache gewählt. Im Falle eines Familienstreits wies der persische Teil der Familie den aserbaidschanischen Teil auf seine «türkische Herkunft» hin. Der Begriff «Eseltürken» wurde bei jeder Auseinandersetzung zwischen Aserbaidschanern und Persern gebraucht. Menschenverachtende Witzkassetten, in denen die Aserbaidschaner als «dumm», «naiv» und «Esel» bezeichnet wurden, waren auf den Straßen Teherans im Umlauf. Hatte ein Aserbaidschaner bei den Behörden einen Gang anzutreten, wurde er dort wegen seines Akzents als Spaßobjekt des Tages behandelt. Er wurde absichtlich hin und her geschickt, damit die anderen Arbeitskollegen auch ihren Spaß haben sollten. In diesen Jahren hatte der größte iranische Dichter der Gegenwart, Mohammad Hussein Schahriar, der ein Aserbaidschaner war und in persisch und später auch in aserbaidschanisch dichtete, als Anklage gegen diese Vorurteile und Beleidigungen sein berühmtes Stück «Oh Teheraner, laß dein Gewissen sprechen, bist du ein Esel oder ich?» verfasst. [19] Die immer wieder durchgeführte neue Aufteilung Irans verstärkte noch zusätzlich den Assimilationsprozeß. So wurden durch mehrere administrative Aufgliederungen wichtige aserbaidschanische Städte wie Hamadan, Ghazwin, Zandjan, Astara und Anzali von Aserbaidschan getrennt und ihre Einwohner einer starken Perserfizierung ausgesetzt. [20]Ein verheerendes Ergebnis dieses Sprach- und Kulturverbots ist die Tatsache, daß 90 Prozent der Aserbaidschaner in ihrer eigenen Muttersprache Analphabeten sind. Selbst Intellektuelle sind nicht imstande, z.B. an ihre Eltern oder Geschwister einen Brief in aserbaidschanisch zu schreiben oder aber eine Zeile in einem aserbaidschanischem Buch zu lesen. Es wäre bestimmt falsch, die Schuld an der Verelendung der aserbaidschanischen Kultur und Sprache allein den persischen chauvinistischen Kreisen und der Zentralregierung zuzuschreiben. Denn hierbei war eine große Anzahl von aserbaidschanischen Intellektuellen und Regierungsmitgliedern entweder selbst mitwirkend oder aber sie verhielten sich gleichgültig.Die aserbaidschanischen Intellektuellen teilten sich in vier Gruppen auf.1 - Die Gruppe, die die Assimilationspolitik bejahte und vielfach sogar bei der Assimilierung der Aserbaidschaner mitwirkte. Die Mitglieder dieser Gruppe gehörten in der Regel zur Mittelschicht und waren Regierungsbeamte und Angestellte des Öffentlichen Dienstes. Die meisten dieser Intellektuellen hatten infolge der andauernden Stigmatisierungspolitik in Bezug auf ihre nationale Zugehörigkeit Minderwertigkeitskomplexe. Sie versuchten ihre ursprüngliche aserbaidschanische Herkunft mit allen Mitteln zu verheimlichen.2 - Diejenigen, die den linken Organisationen angehörten und als Ziel die Errichtung eines sozialistischen Systems im Auge hatten. Für sie war eine Lösung der nationalen Frage erst nach der Errichtung des Sozialismus im Iran möglich. Sie waren verbal gegen nationale Unterdrückung und Assimilation. Sie brandmarkten aber auch sehr schnell diejenigen, die mit Beharrlichkeit auf ihre nationale Identität verwiesen. Die meisten dieser Intellektuellen waren und sind in Bezug auf Sprache, Literatur und Geschichte ihres eigenen Volkes Analphabeten und ungebildet. Sie standen und stehen heute noch an der Spitze der links-liberalen iranischen Organisationen und sind direkt oder indirekt gegen die Bildung einer selbständigen aserbaidschanischen Organisation.3 - Die Gruppe, die religiös motiviert war und als solche die Idee eines Gottesstaates unterstützte. Für diese Gruppe waren alle Moslems Brüder. Sie hatte im Grunde nichts dagegen, wenn verschiedene Volksgruppen Irans ihre Muttersprache benutzten. Aber erst sollte der Gottesstaat errichtet werden, und später, d.h. nach dem Erlernen der Sprache des Korans, nämlich Arabisch, und auch der offiziellen Sprache des Irans, also Persisch, könnte man sich der Muttersprache zuwenden.4 - Die Gruppe, die unter schlimmsten Repressalien die Befreiung ihres Volkes von den Machenschaften der persischen Zentrale forderte. Zu dieser Gruppe gehörten einige namhafte südaserbaidschanische Dichter, Historiker, Sprachwissenschaftler, Literaten und Musiker wie Modjez, Habib Saher, Sahand, Schahriar, Samad Behrengi, Yahya Scheida, Tagi Zehtabi, Farzaneh, Ali Täbrizi, Netgi, Pir Haschemi, Heijat, Sardar Nia, Barez, Zeiveh, Sarah, Wartusch , Salimi, Djavid, Fathi, Latif Tahmasebi und viele andere. Einige von ihnen gerieten wegen ihres Widerstands mehrmals ins Gefängnis. Sie hatten Schreibverbot und wurden unter Beobachtung gestellt. Ihre Musik durfte nicht in der Öffentlichkeit aufgeführt werden. Trotz dieser Repressalien schrieben sie weiterhin in aserbaidschanischem Türkisch und ließen ihre Werke unter großen Schwierigkeiten im Untergrund drucken. Auch wurde weiterhin aserbaidschanische Musik im Untergrund zur Aufführung gebracht. Nach der Revolution im Jahre 1979 und dem Sturz des Schahregimes begann im Iran der nur kurz andauernde «Frühling der Freiheit». Während dieser Periode erschienen Hunderte von Büchern, Schriften und Zeitungen auf aserbaidschanisch. Die Geschäfte gaben sich türkische Namen. In den Teehäusern sangen die «Aschigs», Volksmusikanten, in aserbaidschanisch. Es wurden private Sprachkurse zum Erlernen der aserbaidschanischen Sprache gegründet. Die Grabsteine wurden auf aserbaidschanisch beschrieben.Nach der Festigung der Macht des Klerus begannen jedoch neben dem Verbot der politischen Freiheiten wieder einmal die kulturellen Repressalien gegen Aserbaidschan. In Täbriz wurden historische Kulturstätten wie das «Nationale Theater», die «Nationale Bibliothek» und schließlich ein Teil der in der Mongolenzeit erbauten «Ark-Zitadelle» niedergerissen. An die Stelle dieser Kulturstätten wurde ein «Gebetsplatz» (Mossal-la) gebaut, wo die Menschen ihre Freitagsgebete abhalten können. Die Hoffnungen von Millionen Aserbaidschanern auf Autonomie und Anerkennung ihrer Muttersprache als offizielle Sprache Aserbaidschans hatten sich als trügerisch erwiesen. Viele Bücher und Zeitschriften wurden verboten. In den Teehäusern durften die «Aschigs» nicht mehr singen und spielen. Die von Teheran nach Aserbaidschan ausgesandten persischen Lehrer versuchten, die verhaßten Strafdosen wieder einzurichten und in den Schulen sich auf türkisch unterhaltende Kinder zu bestrafen. Die im Jahre 1987 in Täbriz erscheinende Zeitung «Fourugeh Azadi» nannte in diesem Zusammenhang einen Fall und schrieb dazu: «Wir haben die Nachricht erhalten, daß im Wohnbezirk Djamischawan in der Schule M. Tagi Djafar ein Lehrer namens «M... » den türkisch sprechenden Kindern Strafen auferlegt. Dieser Herr hat anscheinend nicht akzeptiert, daß in diesem Lande eine Revolution stattgefunden hat und die Verbote der Schahzeiten bei uns nicht mehr wirksam sind...». Selbst als im Jahre 1988 das religiöse Oberhaupt der Islamischen Republik Iran, Ayatollah Khamnei, wegen der Besichtigung der Geburtsorte seiner Vorfahren nach den in Aserbaidschan gelegenen Orten Schabustar und Khamneh anreiste, wurde das einzige Transparent, das auf aserbaidschanisch Ayatollah Khamnei willkommen hieß, von ihn begleitenden Revolutionswächtern heruntergerissen. [21] Es gibt heute im Iran entgegen Artikel 15 des Grundgesetzes der Islamischen Republik Irans, der den verschiedenen Volksgruppen das Recht gibt, nicht nur auf persisch, sondern auch in ihrer eigenen Sprache unterrichtet zu werden, für mehr als 20 Millionen Aserbaidschaner keinerlei Möglichkeit, ihre Kultur und Sprache zu entfalten. Die Kinder müssen in den Schulen ausschließlich die persische Sprache erlernen. Selbst die Benennung der neugeborenen Kinder mit aserbaidschanischen Namen ist untersagt. Bei den zwei oder drei in aserbaidschanischem Türkisch erscheinender Blättern handelt es sich in erster Linie um Propagandablätter für die Islamische Republik. Die einzige, relativ gering propagandistisch gefärbte Zeitschrift ist «Warlig», die vierteljährlich auf persisch und türkisch in Teheran erscheint. Der Herausgeber und Mitarbeiter dieser Zeitschrift wurden mehrmals von national-chauvinistisch gesinnten persischen Kreisen als Pantürkist und Separatist beschimpft. Offensichtlich hängt das Damoklesschwert über dieser Zeitschrift. In einem Brief aus dem Iran, der am 5. Mai 1992 in der im Ausland im aserbaidschanischem Türkisch erscheinenden Monatszeitung «Ana Dili» veröffentlicht wurde, lesen wir: «Der alte persische Chauvinismus hat nach der Errichtung der Islamischen Republik Iran im Jahre 1979 sich unter dem Deckmantel des Islams versteckt und treibt sein Unheil weiter. So mußte inzwischen auf Befehl Haschemi Rafsandjanis hin die Zeitschrift «Warlig» ihr Erscheinen einstellen. Wie wir gehört haben, soll dies jedoch auf Grund der Einmischung von Ayatollah Khamnei wieder rückgängig gemacht worden sein». Man kann sagen, daß sich der Klerus hartnäckig gegen die Vielfalt der Nationen und Kulturen im Iran zur Wehr setzt. Für ihn sind alle Bürger Irans «Ommete Islami», Anhänger des Islams, und nicht Aserbaidschaner, Turkmenen, Belutschen, Kurden...Auf die Frage eines kurdischen Lesers an die Zeitung «Keyhane Hawaie» nach der Möglichkeit einer Veröffentlichung einiger ihrer Texte auch in kurdischer Sprache wurde folgendermaßen geantwortet: «Der Grund, warum wir einige Texte auf türkisch veröffentlichen, basiert auf der Tatsache, daß die gegenwärtige Umgestaltung im Ostblock, insbesondere im sowjetischen Aserbaidschan, von weltpolitischer Bedeutung ist und eine Auswirkung auf das iranische Aserbaidschan hat. Die Bevölkerung im sowjetischen Aserbaidschan besteht aus Moslems, die dazu noch überwiegend Schiiten sind und ein intensives Interesse am Iran und an der islamischen Revolution haben... Es ist notwendig darauf hinzuweisen, daß wir mit der Herausgabe einiger Seiten in aserbaidschanisch gewährleisten wollen, daß die Bevölkerung im sowjetischen Aserbaidschan die Botschaft des Islams und der iranischen Revolution verstehen kann. Dies alles ist nicht für das iranische Aserbaidschan gedacht. Denn wir können mit unseren Menschen auch persisch sprechen, und deswegen können wir in dieser Hinsicht keine Benachteiligung der Kurden oder anderer Volksgruppen im Iran erkennen.» [22]In den letzten Jahren erlebt man bei den im Ausland lebenden Aserbaidschanern ein enorme Zunahme des Interesses an ihrer Muttersprache und ihrer eigenen Literatur. Es sind mehrere aserbaidschanische Kulturorganisationen in Deutschland, Frankreich, Holland, den USA, England, Spanien, Schweden, Kanada... gegründet worden. Es erscheinen einige Zeitschriften wie «Azer», «Aydinlig», «Ayna», «Ana Dili», «Sawalan», «Ghaynardja», «Dirilik», in denen neben der Verbreitung der aserbaidschanischen Literatur die Problematik Aserbaidschans in regelmäßigen Beiträgen diskutiert wird.
Vorurteile im alltäglichen Leben (S. 42)Soziale Diskriminierung und die Stigmatisierung der Aserbaidschaner im täglichen Leben sind die Folgen der gegen sie gerichteten Unterdrückungspolitik der Zentral-Regierung in Teheran. Um die Form und das Ausmaß des alltäglichen mit Vorurteilen behafteten Denkens gegenüber den Aserbaidschanern aufzuzeigen, habe ich einige Aserbaidschanerinnen interviewt. Alle Interviewten wollten nur unter Wahrung ihrer Anonymität ihre Erlebnisse schildern.
Interview mit einem Gymnasiallehrer (S. 42-44)Interviewer: Würden Sie sich bitte kurz vorstellen.Lehrer: Ich heiße R. A., ich bin 52 Jahre alt. Ich bin Aserbaidschaner und Gymnasiallehrer für persische Literatur.Haben Sie schon mal im persischen Teil Irans wegen ihrer nationalen Zugehörigkeit ein diskriminierendes Erlebnis gehabt?Wissen Sie, ich bin nicht so oft in persischen Städten gewesen. Nur ein paar Mal in Teheran und einige Tage in Mesched, Isfahan und Rescht. In Mesched, Isfahan und Rescht habe ich nichts Negatives erlebt. Aber in Teheran habe ich einmal etwas erlebt, das ich niemals in meinem Leben vergessen werde. Und zwar wollte ich 1966 nach dem Ausland verreisen. Dazu benötigte ich einen Reisepaß. In Täbriz dauerte es damals über 4 Monate, bis man den Paß in der Hand hatte. Deswegen bin ich nach Teheran gefahren und habe dort einen Antrag auf einen Paß gestellt. In Teheran konnte man innerhalb von 4 bis 6 Wochen den Paß bekommen. Nach der Abgabe des Antrags bin ich wieder nach Täbriz zurückgefahren und habe dort auf eine Antwort von der Paßstelle gewartet. Die 6 Wochen war vergangen, und ich hatte immer noch keine Antwort bekommen. Nach 8 Wochen bin ich nach Teheran gefahren, um nach dem Paß zu fragen. Ich bin zur Behörde gegangen und habe mich nach meinem Paß erkundigt. Der Beamte gab mir zur Antwort, daß der Paß noch nicht fertig sei, und ich sollte nach 2 Tagen noch einmal vorbeikommen. Nach 2 Tagen bin ich wieder hingegangen. Der Beamte sagte mir, daß mein Paß immer noch nicht fertig sei und daß ich noch eine Woche warten solle. Ich habe den Beamten darum gebeten, meinen Paß etwas früher fertig zu machen, denn ich käme aus der Provinz und müße in einer Pension übernachten. Daraufhin schickte mich der Beamte zu seinem Vorgesetzten im Nebenraum. Der Vorgesetzte war ein Polizeioffizier. Ich habe ihm meine Angelegenheit geschildert. Er sagte ebenfalls, mein Paß sei noch nicht fertig und ich solle noch eine Woche warten. Als ich ihn darum bat, meine Angelegenheit doch etwas früher zu erledigen, wurde er plötzlich wütend und schrie nach seinem Untergebenen, der in einem anderem Raum war. Als er hereinkam, sagte der Offizier zu ihm: «Herr Husseini, wir haben hier einen Eseltürken, der die persische Sprache nicht versteht. Du verstehst Türkisch. Übersetze ihm, was ich sage. Er soll nach einer Woche vorbeikommen, um seinen Paß abzuholen». Ich war sprachlos und zitterte von Wut. Ich konnte nur sagen: «Aber ich bin Gymnasiallehrer für persische Literatur. Ich habe an der Universität Täbriz die persische Literaturwissenschaft beendet. Ich verstehe gut, was Sie sagen». Daraufhin gab er den Befehl, mich hinaus zu werfen. Ich ging durch die Straßen Teherans und war ziemlich traurig. Dieses Erlebnis werde ich niemals vergessen.Wie wäre Ihre Reaktion, wenn Sie diesen Mann nochmal treffen würden?Ich würde diesem Rassisten ins Gesicht spucken.
Interview mit einer Hausfrau (S. 44-46)Interviewer: Würden Sie sich bitte kurz vorstellen.Hausfrau: Mein Name ist H. S. Ich komme aus Täbriz und bin 33 Jahre alt.Haben Sie schon mal in persischen Städten wegen ihrer Nationalität oder ihres Akzents Vorurteile erlebt?Ja, wissen Sie, ich hatte gehört, daß die Perser einige Abneigungen gegen uns haben und uns manchmal sogar als "Eseltürken" bezeichnen. Ich hatte das aber nicht so ernst genommen und hatte mir gedacht, daß nur dumme Menschen sich so verhalten könnten. Aber eines Tages bei einem Besuch in Teheran im Jahre 1978 erlebte ich etwas, was mich sehr erschüttert und wütend gemacht hat. Ich wollte mit meiner Freundin in Teheran etwas bummeln gehen. Wir stiegen in einen Bus ein. Der Bus war voll und die Luft war schlecht. Eine Frau, die sich hinter mir befand, verlangte von
mir, weiter vorzurücken. Vor mir war aber kein Platz mehr, und ich konnte deshalb nicht weitergehen. Die Frau forderte mich noch einmal auf, vorzurücken. Daraufhin habe ich ihr ganz höflich zur Antwort gegeben, daß vor mir kein Platz mehr sei. Plötzlich sagte sie zu mir: «Du kommst wohl aus einem Dorf, du Eseltürkin. Du mußt drängeln.» Ich war so schockiert, daß ich glatt die persische Sprache vergaß. Ich habe auf türkisch mit ihr geschimpft. Meine Freundin, Frau K., die ganz ruhig geblieben war und gut persisch sprechen konnte, antwortete der Frau mit der Zeile eines Gedichtes, die ich später auswendig lernte. Sie sagte zu ihr: «Esel zu sein, heißt nicht nur Gras zu fressen, sondern auch persisch zu sprechen». Dieses Erlebnis konnte ich bis heute nicht vergessen.Warum, glauben Sie, hat diese Frau Sie so beleidigt?Das wissen Sie doch genau. Weil ich eine Aserbaidschanerin bin.Wie würden Sie reagieren , wenn Sie diese Frau im Iran oder aber im Ausland treffen würden?Ach, ich würde sie nur auslachen. Was denn sonst?
Interview mit einem Automechaniker (S. 46-47)Interviewer: Könnten Sie sich bitte kurz vorstellen.Mechaniker: Ich bin I. M., komme aus Südaserbaidschan und lebe seit 10 Jahren in Deutschland. Ich bin von Beruf Automechaniker.Haben Sie schon einmal in persischen Städten wegen ihrer Nationalität oder aber ihres Akzents Diskriminierungen in Kauf nehmen müssen?Ich lebte bis zu meinem 25. Lebensjahr in Täbriz. Ich bin nicht oft in Teheran gewesen. Es hat deshalb auch kaum Gelegenheiten gegeben, bei denen ich wegen meiner Nationalität von meinen persischen Landsleuten hätte beleidigt werden können. Um damit konfrontiert zu werden, muß man sich wahrscheinlich für längere Zeit in Teheran oder in anderen persischen Städten aufgehalten haben. Ich habe allerdings etwas Diskriminierendes von Seiten unserer Verwandten, die in Teheran leben, erlebt. Ich war damals 7 Jahre alt und bin mit meinen Eltern zum Besuch der Verwandten nach Teheran gefahren. Die Familie hatte zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Der Junge Josef war damals 9 Jahre alt, und das Mädchen Arzu war 6 Jahre alt. Wir kannten einander schon von Täbriz. Wir waren schnell wieder gute Spielfreunde. Ich erinnere mich genau. Wir spielten im Haushof, der nur zu der mit uns verwandten Familie gehörte. Ich machte den Vorschlag, daß wir in der Gasse vor der Haustür spielen sollten. Die Kinder waren zwar nicht einverstanden, aber wagten es dann doch, mit vor die Haustür zu kommen. Wir hatten gerade zu spielen angefangen, als auf einmal die Mutter der beiden Kindern zu uns kam und von uns verlangte, sofort in den Hof zurückzukommen. Ich erinnere mich an ihre Angst und Empörung, als sie zu uns sagte: «Um Gottes Willen, wenn die Nachbarn erfahren, daß wir Türken sind. Sie dürfen das nicht wissen. Das wäre sehr schlimm für uns. Spielt mal hier im Hof und geht nicht nach draußen». Das hatte mich irgendwie verletzt. Warum sollte es schlimm sein, ein Türke zu sein? Später hörte ich dann von den Vorurteilen gegenüber den Aserbaidschanern.
Interview
Interview mit einem Soziologen (S. 47-52)Interviewer:Könnten Sie sich bitte kurz vorstellen.Soziologe: Mein Name ist A. G. Ich bin 44 Jahre alt und lebe seit 20 Jahren in Deutschland. Ich bin Soziologe und habe mein Studium an der Universität Marburg beendet. Von der Nationalität her bin ich Aserbaidschaner aus der Stadt Zandjan.Haben Sie schon mal in persischen Städten wegen ihrer Nationalität Vorurteile erlebt?Ich freue mich, daß Sie das seit langer Zeit existierende und tabuisierte Thema der Diskriminierung der Aserbaidschaner innerhalb der iranischen Gesellschaft an die Öffentlichkeit bringen wollen. Sie wissen, daß dieses Thema mit Vorsicht und Fingerspitzengefühl angegangen werden muß. Sonst besteht die Gefahr, daß man Sie und mich als "Nationalisten", "Separatisten" oder aber
"subversive Elemente im Dienste des Auslands" abstempelt. Ich habe im Iran wegen meiner nationalen Herkunft einige Vorurteile in Kauf nehmen müssen. Ich kann mir das nur so erklären, daß die Vorurteile mit ihren abwertenden Attributen wie «Eseltürken», «dumme Türken» Folgen der ethnozentristischen Politik der persischen Regierung sind. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß seit 1924 die persische Sprache und Kultur als Maßstab aller Dinge in der iranischen Gesellschaft gelten. Wie Sie wissen, ist Iran ein multinationales Land. Aber durch Propagierung und Praktizierung der extremsten Art von Ethnozentrismus wurden die Kultur und Sprache meines Volkes bzw. der nicht persischen Völker Irans mißachtet.[23] Man brachte uns mit indirekten, subtilen psychologischen Methoden dazu, uns wegen unserer nationalen Zugehörigkeit zu schämen. Da meine Muttersprache keine indogermanische Sprache ist, wurden wir Aserbaidschaner als Opfer der Vergewaltigung «unzivilisierter, barbarischer» Stämme angesehen, die uns ihre türkische Sprache, Kultur und Gepflogenheiten aufgezwungen hätten. Um als «kultiviert» zu gelten, mußten wir unsere Identität leugnen. Diese Ideologie wurde von oben institutionalisiert und unten von vielen Menschen in primitiver Weise praktiziert.Deswegen erlebt man tagtäglich an jeder Straßenecke in Teheran Diskriminierungen jeder Art. Ich kann nur von der Stadt Teheran reden, denn in den anderen persischen Städten habe ich nicht gelebt und weiß deshalb auch nicht, wie dort die Beziehungen zwischen der persischen Bevölkerung und anderen Nationalitäten sind. Aber da die Verachtung der aserbaidschanischen Sprache und Kultur auch in der persischen Literatur seinen Niederschlag findet. kann ich mir vorstellen, daß das ein allgemeingültiges Phänomen in allen persischen Städten ist. Ich denke, die iranische Gesellschaft braucht eine sozial-kulturelle Revolution, eine neue Ordnung, in der die sozialen Beziehungen auf der Ebene demokratischer Prinzipien und der Toleranz aufgebaut werden. Es ist höchste Zeit, daß wir Aserbaidschaner uns im Iran gegen jegliche Art von Diskriminierung zur Wehr setzen. Wir dürfen das Problem nicht verharmlosen und bei Seite schieben.Im Hinblick auf ihre Frage möchte ich Ihnen den jüngsten Fall einer von mir erlebten Diskriminierung erzählen. Im Jahre 1986 flog ich zum Besuch nach Iran. Wir kamen in Teheran am Flughafen Mehrabad an. Mein Bruder, mein Schwager und ein Bekannter von uns warteten am Flughafen Mehrabad, um mich abzuholen. Nach einem herzlichen Wiedersehen wollten wir zu meinem Schwager fahren, der in Teheran lebt. Mein Gepäck bestand aus einem großen, einem kleinen Koffer und einer Sporttasche. Da im Kofferraum des Autos meines Schwager nicht so viel Platz war, packten wir nur den großen Koffer in den Kofferraum. Den kleinen Koffer und die Sporttasche brachten wir vorne im Auto unter. Wir stiegen ins Auto ein und machten uns auf den Weg. Da es Mittagszeit war und wir alle Hunger hatten, entschlossen wir uns, unser Mittagsessen in einem Restaurant einzunehmen und danach erst nach Hause zu fahren. Wir parkten ca. 50 Meter vom Restaurant entfernt und gingen essen. Als wir zurück zum Auto kamen, stellten wir fest, daß die kleine Scheibe der Hintertür eingeschlagen war und mein kleiner Koffer mit Sporttasche entwendet worden waren. Wir haben sofort die zuständiger Polizeistelle benachrichtigt. Nach ca. einer halben Stunde kam ein Polizeioffizier auf einem großen Motorrad an. Nachdem er sich alles angeschaut hatte, nahm er ein Protokoll auf. Er fragte nach dem Eigentümer des Gepäcks. Ich sagte ihm, das Gepäck würde mir gehören und schilderte ihm alles, was passiert war. Er fragte mich, warum ich die Koffer im Auto und nicht im Kofferraum gelassen hätte? Darauf antwortete ich, daß im Kofferraum kein Platz mehr gewesen sei und aufgrund dessen seien wir gezwungen gewesen, den kleinen Koffer mit der Sporttasche zusammen im Auto abzustellen. Als er an meinem Akzent merkte, daß ich ein Aserbaidschaner bin, sagte er plötzlich: «Kein Wunder, so eine Dummheit kann nur ein Türke machen.» Seine Bemerkung hatte mich ein paar Sekunden lang einfach verstummen lassen. Nachdem ich mich wieder etwas gefangen hatte, sagte ich zu ihm: «Herr Offizier, ich bin ein Aserbaidschaner. Ich möchte wissen, mit welchem Recht Sie mich und meine Nationalität beleidigen?». Mein Bruder versuchte, mich zu beruhigen. Der Offizier gab meinem Schwager eine Adresse. Wir sollten uns an eine andere zuständige Stelle wenden und nach den gestohlenen Sachen fragen. Wir fuhren zu der anderen Stelle, um dort vergeblich nach meinem gestohlenem Gepäck zu fragen. Unterwegs sagte ich zu meinem Bruder: «Es ist schlimm, wenn man selbst in seinem eigenem Land so behandelt wird. Ich lebe als Ausländer in Deutschland und kenne die alltäglichen Diskriminierungen. Aber ich bin mir sicher, bei einem ähnlichem Fall würde ein deutscher Beamter auf keinen Fall einen Ausländer so behandeln und beleidigen». Ich hatte vor, mich wegen der nationalen und persönlichen Beleidigungen zu beschweren. Mein Bruder sagte zu mir: «Weißt du, du willst nur einen Monat hier bleiben und dann wieder zurückfahren. Sei sicher, du wirst in dieser kurzer Zeit nichts erreichen können. Vergiß es und versuche, die Tage deines Aufenthalts im Iran mit der Familie zu genießen».Wie könnte ihrer Meinung nach der Diskriminierung der Aserbaidschaner im Iran ein Ende gesetzt werden?Ich glaube, es hat ganz gewiß seine Gründe, daß solche Menschen uns gegenüber diese, tief verinnerlichten Vorurteile haben. Man muß nach der Ursache suchen. Ich denke, die Ursache liegt zunächst einmal im Verbot unserer Sprache und Kultur, im Rückstand der sozio–ökonomischen Entwicklung und schließlich in der Bevormundung Aserbaidschans durch die Teheraner Administration. In diesem Zusammenhang darf natürlich die Propaganda chauvinistisch gesinnter persischer Theoretiker nicht vergessen werden. Das Motto dieser Leute lautet: «Ein Land, eine Nation und eine Sprache» Unter diesem Motto werten sie alle nicht-persischen Kulturen und Nationen im Iran ab und rufen im extremsten Fall sogar zu deren Vernichtung auf. Alle diese Faktoren führen dazu, daß die zwischenethnischen Verhältnisse von Vorurteilen belastet sind. Ich bin der Meinung, daß eine Demokratisierung der iranischen Gesellschaft in einem entscheidenem Maße dazu beitragen würde, die Diskriminierungen aller Art gegenüber den nicht-persischen Völkern im Iran zu beenden.
Interview mit einem Wirtschaftsingenieur (S. 52-54)Interviewer: Würden Sie sich bitte kurz vorstellen.Ingenieur: Ich heiße G. S . Ich bin Aserbaidschaner und lebe seit 22 Jahren in Deutschland. Ich bin von Beruf Wirtschaftsingenieur, verheiratet und habe 2 Kinder.Waren Sie schon einmal im Iran wegen ihrer Nationalität Diskriminierungen ausgesetzt gewesen?Also, direkt nicht . Aber ich weiß, daß es im Iran gegenüber den Aserbaidschanern von seiten persischer Nationalisten gewisse Ressentiments gibt. Man hat uns immer irgendwie verächtlich angeschaut und versucht, unsere Nationalität als minderwertig abzustempeln. Nach meinem Abitur hatte ich mich für ein paar Tage in Teheran, Mesched und Schiraz aufgehalten. Ich wollte dort an den Aufnahmeprüfungen der Universitäten teilnehmen. Während meines Aufenthalts in Teheran habe ich ein Erlebnis gehabt, das ich Ihnen gerne schildern möchte. Vielleicht hat mein Erlebnis nicht so direkt etwas mit ihrer Frage zu tun, aber ich denke, indirekt schon. Am Prüfungstag fuhr ich mit dem Bus zur Universität. Die Prüfung dauerte ca. 4 Stunden. Als ich raus kam, war ich ziemlich erschöpft. Weil ich mit dem Bus zu meinem Hotel fahren wollte, begab ich mich zur Bushaltestelle, wo schon viele Leute auf den Bus warteten. Als der Bus ankam, wollte jeder als erster einsteigen. Ich drängelte auch mit, stieg aber dann doch als letzter in den Bus ein. Die Tür wurde automatisch geschloßen. Ich merkte, daß mein linkes Bein zwischen der Tür geblieben war. Es hat eigentlich nicht weh getan, aber trotzdem war es gefährlich, so weiterzufahren. Ich wollte laut rufen, um dem Fahrer Bescheid zu sagen, daß er die Tür nochmal aufmachen solle, damit ich mein Bein befreien könnte. Dann habe ich mir die Fahrgäste angeschaut, mich an die menschenverachtenden Witze erinnert, die über uns Aserbaidschaner gemacht werden und bekam es mit der Angst zu tun. Ich habe mir gesagt, Mensch, wenn du jetzt sprichst, werden die Fahrgäste sofort merken, daß du ein Aserbaidschaner bist. Sie werden dich wegen deines Akzents auslachen und sich über dich lustig machen. Also schwieg ich. Ich schwieg, und ich mußte mit meinem eingeklemmten Bein bis zur nächsten Haltestelle mitfahren. Die Tür ging auf, und ich sprang schnell heraus. Ich war froh, daß mir nichts passiert war.Sie haben praktisch aus Angst vor einer Entdeckung ihrer Nationalität die Gefahr eines Unfalls in kauf genommen. Wie würden Sie heute reagieren, wenn Sie in dieselbe Situation geraten würden?Ich habe heute, was meine Nationalität anbetrifft, mehr Selbstbewußtsein. Ich würde mich heute wegen meines Akzents nicht mehr schämen. Es wäre mir auch gleichgültig, wenn mich dabei ein paar Rassisten auslachen würden. Schließlich ist es ganz natürlich, daß man eine Fremdsprache mit seinem eigenen Akzent spricht. Oder?Eine Sache muß ich noch erwähnen. Nach meiner Beobachtung und nach Aussagen meiner Familienangehörigen, die inzwischen in Teheran leben, finden Diskriminierungen mit rassistischem Charakter nicht mehr so häufig in aller Öffentlichkeit statt. Es ist eine gewisse Hemmschwelle entstanden, und die Vorurteile haben mehr eine latente Form angenommen. Dies ist wahrscheinlich damit zu begründen, daß inzwischen über die Hälfte der Teheraner Bevölkerung aserbaidschanischer Herkunft ist und sich bei diesen Menschen ein gewisser Widerstand gegen die Diskriminierungen bemerkbar macht.